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Rated ‘B’ for Blog equals ‘F’ for ‘Fail’

FSK BDie CDU ist für jeden Spaß zu haben, und besonders, was die Netzpolitik angeht, kommen von dieser Seite immer wieder (doch hoffentlich ironisch gemeinte)  Vorschläge der witzigen Art. Nun ist es wieder soweit: Der medienpolitische Expertenkreis der CDU verkündet: “Da der Komplexität dieser neue [gemeint: “neuen” – Anmerkung des Rechtschreibflamers] Probleme nicht mit einzelnen plakativen Maßnahmen begegnet werden kann, gilt es […] pragmatische Detaillösungen zu erarbeiten.” So weit so gut. Die total unplakative Maßnahme, die der Kreis vorschlägt seht ihr links: “FSK B”. Blogs sollen mit “B” für “Blog” gekennzeichnet werden, so wie man das von Altersfreigaben auf Computerspielen und Filmen kennt. Okaaaaay. Was das für Auswirkungen hätte, wie hoch der Sinngehalt und warum es nicht umsetzbar ist, steht hier.

Sinngehalt

Es gibt Blogs wie Sand am Meer. Einige beschäftigen sich mit dem Stricken, andere mit Kitesurfing, mit Kultur und Politik, Technik und Katzenfotos. Doch einige sind nicht für Kinder geeignet! “OH GOTT! Sofort sperren!” Zugegeben: Die CDU-Experten sind schon einen Schritt weiter (im positiven Sinne): Nicht mehr der Staat soll sperren, sondern die Eltern sollen die Blogs vor ihren Kindern verstecken können, indem sie alle mit “B” gekennzeichneten Blogs von ihrem Filterprogramm abblocken lassen. Leider sind das nicht nur die bösen Blogs, sondern alle. Im Gegenteil: Während die guten, lieben Blogs (wie dieser), der Vorgabe folgen würden und so nicht mehr für alle erreichbar wären, würden die wirklich bösen Blogs die Kennzeichnung vermutlich einfach ignorieren. Bei dem richtig üblen Zeug stehen die Server eh im Ausland. Ich vergebe hier das erste “F” für “Fail”.

Das zweite folgt sogleich: Mit der Maßnahme soll verhindert werden, dass Blogger für Nutzerkommentare haften, die als jugendgefährdend einzustufen sind. Es geht also um den user generated content. So weit, so gut: Das “B” steht für Blogs. Was machen ehrenamtliche Forenadministratoren? Ein Forum besteht quasi nur aus user generated content, für den der Administrator haften würde, was wird dagegen getan? Ein “F” für “Forum”? Eher nicht, sondern zweites “F” für “Fail” für diesen Vorschlag. Denn die unklare Rechtslage bleibt weiterhin bestehen und jeder, der eine Onlineplattform in irgendeiner Weise für andere Nutzer bereitstellt, ist im Zweifelsfalle auf das Wohlwollen und die Einsicht eines Richters angewiesen.

Umsetzbarkeit

Merkwürdig ist auch, dass der Expertenkreis einerseits Eltern vorschlägt “B”logs zu sperren, andererseits die Bloggergemeine mittels “Crowd-Sourcing” die Reputation des “B”-Siegels aufrecht erhalten soll. Ist “B” jetzt gut oder schlecht? Und wie sollen Blogger andere Blogs daran hindern eine Kennzeichnung auf ihre Website zu setzen oder dieses zu fälschen? Erstellen wir ein Bundes-Blogger-Zentral-Register, das dann Zertifikate an genehme Blogs verteilt? Dann würden ja die bösen Blogs wieder durch das Raster fallen, da sie nicht als Blogs gekennzeichnet werden. Hier sollte auch ein kleines Positionspapier zumindest ungefähre Vorschläge liefern. Eine fixe Idee zu verkünden und die damit verbundenen Probleme von der Schwarmintelligenz lösen lassen – damit macht man es sich zu einfach.

Was nichts mit der Blogkennzeichnung zutun hat, aber auch in dem Papier behandelt wird: Opfer von Identitätsklau sollen ein Auskunftsrecht gegenüber Mail-Account-Anbietern erhalten, ob es noch weitere Fake-Accounts gibt. Hier wundere ich mich einerseits über die Beschränkung auf Mail-Accounts (ist Identitätsklau nicht noch eher ein Problem in sozialen Netzwerken?) und zweites darüber, dass Identitätsklau bzw. ein Opfer davon, nicht genau definiert wird. Wer bestätigt, dass ich ein Opfer bin? Macht das ein Richter oder kann ich einfach zu einem Mailprovider gehen und Auskunft über Mailadressen, die meinen Klar- oder Nicknamen beinhalten, verlangen? Und was ist mit den satirischen Fake-Accounts z.B. auf Twitter BP Public Relations, die mich mit Meldungen wie “BP never used false numbers to downplay the severity of the spill. Also, it happened like 100 years ago, get over it.”  versorgen?

Der Rest des Papiers liest sich leicht, manchmal werden relativ zusammenhanglos Buzzwords wie “Liquid Democracy” eingestreut (müssen die Piraten jetzt Angst haben, dass ihre Wähler zur CDU wandern?). Positiv ist die Absage an staatliche Netzsperren und die Aufforderung an Eltern, sich mit mit den neuen Medien auseinander zu setzen. Das muss man ja auch einmal sagen. An dieser Stelle vergebe ich deshalb ein “N” für “Nice” an den Expertenkreis für die Punkte b) und e). Das ist aber auch eher eine Selbstverständlichkeit…

Auswirkungen

Zunächst mal keine. Das ganze ist ja kein Gesetzesvorschlag, sondern nur das Positionspapier eines Expertenkreises der CDU, dazu auch noch der Expertenkreis für Medienpolitik, der in der CDU, die eher weniger für progressive Netzpolitik bekannt ist, vermutlich einen sehr schweren Stand hat.

Doch gehen wir mal davon aus, der Vorschlag würde umgesetzt. Nehmen wir uns einen Beispielblog, sagen wir… den Dubbelblog. Die meistens meiner Besucher kommen durch ein Tutorial (für CDUler “Selbstlerneinheit”) für programmierbare Schultaschenrechner auf diese Seite, sind also vermutlich noch Schüler irgendwo zwischen 12 und 18. Der Vorschlag sieht vor, dass ich meinen Blog mit “B” kennzeichne, so dass besorgte Eltern in Internetfilterprogrammen für unsere lieben Kleinen leicht alle Blogs sperren lassen können. Nun sind Kinder dafür bekannt, dass sie immer das wollen, was sie nicht bekommen, in diesem Fall meine hochqualitative Website. Also wird gejammert, gequengelt – und schließlich geknackt: Denn jedes Filterprogramm lässt sich umgehen, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch die lieben Kleinen darauf kommen. Das ist insofern zu fördern, als das sich dann mehr kleine Jungs und Mädchen mit der Technik hinter dem Konsumgerät beschäftigen würden und sich für ein Informatikstudium entscheiden könnten.Aber das alleine sollte kein Grund sein und um Kinder auf die Möglichkeiten und Gefahren des Netz vorzubereiten hilft kein Filterprogramm. Im Gegenteil, es ist sogar der Medienkompetenz abträglich. Denn früher oder später werden unsere Kinder damit konfrontiert werden.

Dabei helfen ihnen Gespräche mit den Eltern, die bei den ersten Schritten dabei sein sollten und jederzeit ansprechbar sind, falls ihre Kinder verstörende Erfahrungen im Netz gemacht haben, sowie kompetenter Medienunterricht ab der 4. Klasse in der Schule. Zumindest ersteres steht auch im Positionspapier, das ist ja schon einmal ein Fortschritt.

Quellen

Bild: Hen­ning Tillmann under CC-BY-NC-SA license
Positionspapier: http://www.cdu.de/doc/pdfc/120305-jugendmedienschutzstaatsvertrag.pdf

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